Die pandemisch verursachte Wirtschaftskrise schafft Branchen mit veritablen Überlebenssorgen und solche, die auf der Skala von „wenig betroffen“ bis „systemrelevant“ hohem Leistungsdruck ausgesetzt sind. Das Leistungsspektrum der Universitäten reicht bis zu (über)lebenswichtigen Diensten jener Klinikärzt*innen, die Covid-19 Patient*innen versorgen. Geforscht wird in Richtung Impfstoffe, neue Medikamente, technische Geräte, schlussendlich in allen Bereichen, die zu einer Verbesserung des globalen Gesundheitssystems führen sollen.
Die weltweiten Auswirkungen der Pandemie machen deutlich, dass überraschend viele Fachdisziplinen gefordert sind, um Lösungen auf neuen Problemfeldern zu finden. Wirtschaftliche Zusammenhänge, logistische Herausforderungen, ethische Fragen, Soziologie, nahezu alles, was jeweils in Geistes- und Naturwissenschaften zusammengefasst wird, hat Relevanz für die akute Krise, zu deren Überwindung sich die Gesellschaft zu Recht Modelle für die Bewältigung erwartet. Noch vieles mehr, wie beispielsweise künstlerische Leistungen im schmerzlich reduzierten Kulturbetrieb ließe sich anführen. Tatsache ist, dass ein Komplettausfall im Bildungsbereich während des Lockdowns zu einer Maximierung der Katastrophe geführt hätte, wenn nicht - wie im Falle der Universitäten von der Basis aus - aus dem Stand Wege gefunden worden wären, um nicht nur den Forschungsbereich sondern auch den Bereich der forschungsgeleiteten Lehre in erstaunlich großem Ausmaß aufrecht zu erhalten.
Eigeninitiative und Improvisationskunst des Lehrpersonals mit überwiegend privat eingebrachter EDV-Ausstattung ermöglichten es einer respektablen Anzahl von Studierenden, ihr Semester zu absolvieren. Selbstverständlich gelang dies aus unterschiedlichen Gründen nicht immer und selbstverständlich taten die Universitätsleitungen ihr Bestes, damit spontane Hilfsmaßnahmen für die Umstellung im ungewöhnlichen universitären Alltag greifen konnten. Mehrheitlich traten Kompetenz und Einsatzbereitschaft in Solidargemeinschaft, überwanden Hindernisse und Zweifel, sodass auf diese Weise fast alle Versuche eines angepassten Reglements überholt wurden.
Um es in der Sprache des Arbeitsrechts zu verdeutlichen: Da die Universitäten in den Monaten März und April weitgehend geschlossen waren und die kollektivvertraglich geforderten Vereinbarungen zu Home Office nicht existierten, blieb und bleibt vorerst die Treuepflicht des wissenschaftlich und künstlerischen Universitätspersonals als Rechtsgrund dafür, dass digitale Lehre von zu Hause aus konzeptionell und praktisch realisiert wurde. Das geschah im Sommersemester, das um drei Monate verlängert wurde, ohne Aufwandersatz für private Arbeitsmittel und ohne Rücksicht auf Arbeitszeitüberschreitungen. Warum die gewerkschaftlichen Bemühungen für eine Home Office-Regelung nicht sozialpartnerschaftlich aufgegriffen wurden, bleibt ein Rätsel.
Würden wir auf die für März 2021 in Aussicht gestellte bundesgesetzliche Lösung warten wollen, müsste das Wintersemester abgesagt werden.
In Kürze werden die Lohnverhandlungen zur Anpassung der Beamtengehälter starten. Ohne Zweifel haben die betreffenden Berufsgruppen besondere Leistungen in ihren jeweiligen Bereichen, insbesondere am Höhepunkt der Krisensituation, erbracht. Dies zu würdigen, sollte selbstverständlich sein. Ein kleiner Teil des universitären Personals zählt noch zu den Beamt*innen und Vertragsbediensteten, der mittlerweile größere Teil der Beschäftigten an den ausgegliederten Universitäten wartet jedoch mit Spannung auf die kollektivvertraglichen Gehaltsverhandlungen und erwartet sich zu Recht, dass die besonderen Leistungen, die uns in diesem Semester abverlangt wurden, anerkannt, respektiert und honoriert werden.
Eine dem Ausnahmesemester geschuldete Gehaltsanpassung sollte gerade heuer deutlich ausfallen - die Betroffenen haben es sich im wahrsten Sinne des Wortes verdient.
Stefan Schön
Pressesprecher des ULV
des Verbands des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an den österreichischen Universitäten