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Reform des UG 2002: Retusche oder Korrektur?

ULV.aktuell report, 11. April 2008, Bericht von Gert Bachmann


Reiter-Zatloukal, Ille, Rasul, Kothbauer

Podiumsdiskussion: Bringt die geplante Novellierung des ungeliebten UG2002 echte Verbesserungen?

Es diskutierten Max Kothbauer (Vorsitzender des Universitätsrates), Wendelin Schmidt-Dengler (Senat), Ilse Reiter-Zatloukal (Mittelbau/Rechtswissenschaften und Betriebsrat) und Fanny Rasul (Vorsitzende der ÖH) sowie Lothar Matzenauer (Vizerektor für Personal und Recht, Universität für Bodenkultur in Wien). Der UPV sagte ab. Es moderierte Karl Ille (PLUM).

Die PLUM präsentierte ein Grundsatzpapier zur Novellierung des UG2002.

Unisono monierten alle Diskutanten, dass der akademische Mittelbau durch das UG2002 komplett entrechtet und demotiviert wurde, im Senat in unverständlicher Weise unterrepräsentiert sei und im Zuge der Dienstrechtsituation einem dramatischen Schwund unterliege. Denn das Übergangsdienstrecht sah damals maximal 6-Jahresverträge an einer Stelle vo, und nun sieht sich die Universität im Rahmen einer „Entfristungsaktion“ nur für knapp 10% dieser Säule-2 AssistentInnen und PreisträgerInnen mit Auslandserfahrung in der Lage, Stellen zur Verfügung zu stellen. Einen vergleichbaren Drainbrain hatten die österreichischen Universitäten nur im Jahr 1938, dessen wir heuer mit Schaudern gedenken, zu verkraften.

Der akademische Mittelbau war mangels ausreichender ProfessorInnenposten seit der Firnbergschen Reform, ganz im Gegensatz zum sattsam bekanten UPV-Sager: „Wir stehen vor einem Scherbenhaufen, den ein basisdemokratisches Experiment hinterlassen hat“ - so zitierte die APA UPV Vorsitzenden Kepler vor mehr als 4 Jahren - der eigentliche Leistungsträger an der im europäischen Durschnittsvergleich zur Zeit nur halb so hoch dotierten Universität Wien.

Wie kam es überhaupt zum derzeitigen Top-Down-Modell: Ein Grüppchen von konservativ eingestellten Professoren konnte die damalige Ministerin Gehrer und den damaligen Bundeskanzler Schüssel davon überzeugen, dass zur Stärkung der Stärken der Universitäten die Zusammenführung von „Entscheidungskompetenz und Verantwortlichkeit“ nötig sei. Die Kollegialorgane aller Ebenen waren als Gremien empfunden worden, wo der einzelne wohl mitentscheide, aber letztlich die Verantwortung nicht übernehme. An Stelle der Kollegialorgane trete eine Qualitätssicherung, so das Credo der Proponenten. Den Beweis für das Funtionieren eines solchen Modelles, oder die Richtigkeit der Voraussetzung, Entscheidungskompetenz sei auch Fachkompetenz, blieben die Reformer allerdings schuldig. So wie es auch Wendelin Schmidt Dengler, klassischer Bildung voll, mit einem Zitat pointiert verdeutlichte: „Hoc volo, sic iubeo, sit pro ratione voluntas.“ „Das will ich, so befehl ich's, als Grund genügt (mein) Wille.“ (Zitat aus Juvenals Satiren,VI, 223, Kritik an der Ehe und den Frauen - Decimus Iunius Iuvenalis; http://www.thelatinlibrary.com/juvenal/6.shtml).

Im Zentrum der Diskussion stand die „Dreierbeziehung“ aus Senat, Universitätsrat und Rektorat. Schon diese Bezeichnung impliziert eine zunehmend kritische Haltung zum Senat. Das hat seine Gründe: Denn wann immer der Senat seine Agenden ernst nahm, sei es bei den Studienprogrammen oder der Rektorswahl, geriet er mit dem Rektorat in Konflikt. Deshalb wurden Stimmen laut, die Wahl des Rektors komplett dem Universitätsrat zuzudenken. Davon distanzierte sich der alte sowie neue Vorsitzende des Universitätsrates der Universität Wien - Max Kothbauer - allerdings in aller Deutlichkeit. Als interessanter Kontrapunkt dazu ging Fanny Rasul, die Vorsitzende der ÖH soweit, den Universitätsrat als obsolet anzudenken, und zu überlegen, inwieweit dessen Agenden nicht vom Senat abgedeckt werden könnten.

Die Erfahrung hatte allerdings gezeigt, dass aufgrund der hohen Diversität innerhalb der Universitäten jedenfalls in der Uni Wien keine Art von Qualitätssicherung die Expertise der FachwissenschaftlerInnen in den Kollegialorganen zu ersetzen vermochte. Das einzig verbliebene Kollegialorgan, der Senat, ist zu klein und zu zentral, um die ursprünglich vorgesehenen Aufgaben adäquat zu bewältigen. Darum haben wir heute mehr Gremien denn je, deren Ergebnisse jedoch oft nicht berücksichtigt werden. Ohne die je nach Meinung wenigen oder zahlreichen poitiven Effekte und die Erfahrungen der letzen Jahre mit dem UG2002 zu negieren muss festgehalten werden, dass das derzeitige autoritäre System stark ideologisch vorbelastet ist und mangels Zwang zur Transparenz zu einer Entkoppelung der Basis der LeistungsträgerInnen von den leitenden Gremien geführt hat.

Im Publikum anwesend war auch SPÖ Wissenschaftssprecher Broukal. Er meinte, dass die Novellierung des UG bisher längere Zeit im kleinen Kreis ventiliert worden war, um eine gründliche Durchforstung der Materie zu gewährleisten und sich auf die nun anlaufende öffentliche Diskusion gut vorzubereiten. Er machte dem Auditorium allerdings Mut. Die Kritik verhalle nicht ungehört, es werde sehr bald mehr „Geld, Frauen und Freiheit“ geben.


univie/report/plum_080411.txt · Zuletzt geändert: 22.04.2024 12:10 von 127.0.0.1