Zukunftsperspektiven in kollektivvertraglicher Rahmung
ULV.aktuell report, 13. März 2007, Gert Bachmann
Mauser, Steiner, Hochwimmer, Hrachovetz, Grünewald, Hefler
Podiumsdiskussion: Wie verträglich ist der neue Kollektivvertrag für den universitären Nachwuchs?
ULV.aktuell report, 13. März 2007, Bericht von Gert Bachmann
Seit geraumer Zeit war ein Kollektivvertrag (KV) für die Beschäftigten an den Österreichischen Universitäten unter Beteiligung und Vorarbeit vieler universitätspolitischer Gruppierungen in Verhandlung (siehe auch ULV: Intensivstation Universität). Seit kurzem kam es dabei zu einer Einigung, die Endtextierung ist nun in Arbeit.
Am 9. März 2007 um 17:00 fand in der Aula des Campus im alten AKH eine von der PLUM (Platform Universitäre Mitbestimmung) organisierte und von Herbert Hrachovetz (PLUM und Senatsmitglied der Uni Wien) moderierte Diskussionsveranstaltung zum diesem Thema statt.
Es diskutierten: G.M. Steiner (Betriebsrat, im KV-Verhandlungsteam der GÖD), R. Hochwimmer (Säule-1-Assistentin am Institut für Zeitgeschichte), K. Grünewald (Bildungssprecher der Grünen im Parlament), N. Mauser (UPV-UniversitätsprofessorInnenverband), Heffner (IG-Lektoren).
Eingangs umriss Steiner die Eckpunkte des neuen KV (Tenure-Dauerstelle mit laufender Evaluation nach einer Qualifikationsphase für WissenschafterInnen klassischer Ausrichtung, parallel dazu mit gleichem Gehalt die „Senior-Lecturer-Schiene“ für hauptsächlich Lehrende und „Staff-Scientists“, also WissenschafterInnen mit Schwerpunkt Analytik und Methodik, vergleiche: ORF).
Grünewald begrüßte diese Eckpunkte, warnte allerdings vor der Flut neuer buntgemischter angloamerikanischer und deutschsprachiger Definitionen. Er betonte auch, dass die derzeit weit unter OECD-Durchschnitt befindliche Finanzierung der österreichischen Universitäten eine dem Studentenaufkommen gemäße Anzahl von wissenschaftlichen Bediensteten und Lehrenden aller Stufen nicht gestatte. Hier könne der Kollektivvertrag nur rahmengebend sein, der Staat dürfe sich nicht aus seiner Verantwortung stehlen, da ansonsten von Weltklasse auch in Zukunft keine Rede sein könne. Der Dachverband der Universitäten hätte hier mit in vorauseilendem Spargehorsam minimalistisch angesetzten Gehaltsvorschlägen kontroversielle Akzente gesetzt.
Frau Hochwimmer hinterfragte den parallelen Lecturer-Staff-Weg. Sei dies nicht eine neue Klasse der für die ProfessorInnen Arbeitenden?
Steiner dazu: Es gäbe eine Vielzahl von Leuten an der Uni, die sich bisher das Stigma „B-wertig“ gefallen lassen mussten, obwohl gerade sie eine langfristig adäquate Infrastruktur und Kontinuität in der Lehre unter schwierigsten Bedingungen garantierten. Diese Tätigkeiten, welche ebenso wertvoll seien wie gut plazierte Publikationstätigkeit, müssten ins rechte Licht gerückt und adäquat bezahlt werden.
Mauser legte Betonung auf die Qualitätskriterien des UPV: Eintritt in einen Tenure-Track erst nach dem Doktorat (besser der ersten Postdoc-Bewährung) und nach 2-3 Jahren an einer Universität im Ausland. Mausers wiederholtes UPV-Credo - nur den Besten eine Chance, Hausbewerbungen komplett inakzeptabel - rief bei zahlreichen Diskutanten Unmut und Widerspruch hervor: Ein Großtei der Ordentlichen ProfessorInnen genügten diesen Kriterien selbst nicht, die gängige Praxis an den Top-Universitäten Europas sei eine differenziertere: Dort gäbe es erstens viel mehr Stellen und somit Chancen für „HeimkehrerInnen“ und auch sehr wohl Hausberufungen bei excellenter Qualifikation.
Grünewald: „Wir wollen schon die Besten, aber eben auch die Guten“. Hierbei werden unausweichlich Erinnerungen an die nicht eingehaltene Versprechungen der letzten Regierung wach: Der Übergang zum neuen UG2002 werde ausreichend finanziert, es würden ausreichend ProfessorInnenstellen geschaffen?!
Exklusivität in der Mangelbewirtschaftung mutet seltsam an.
Hefler war es ein ganz besonderes Anliegen, den an den Universitäten arbeitenden und Drittmittel einwerbenden AssitentInnen und LektorInnen auch eine Chance für diese Arbeit ohne dauerne existenzielle Ungewissheit zuzugestehen: Zugehörigkeit zur Universität mit einer gesicherten Zukunft bei nachgewiesener Qualität. Die derzeitige Praxis, allen eine unplanbare Karriere zu bieten und nur einer winzigen Auswahl eine eher vom Standing bei mächtigen ProfessorInnen abhängige, denn an objektive Evaluation gebundene Option zu bieten, sei menschenverachtend und einer idealistischen Arbeit für die Universität abträglich. Beim derzeitigen minimalen Personalstand könne es nicht hingenommen werden, die derzeit arbeitenden als „alternde stellenverstopfende und der Jugend Chancen vorenthaltende Personen“ pauschal zu stigmatisieren! Zahlreiche Stellungnahmen aus dem Kreis der DiskutantInnen bestärkten diese Argumente. Die Zeit der auf den deutschsprachigen Raum beschränkten „Ordinariate mit Hofstaat“ neige sich dem Ende zu, die Zeit der „Faculty“ breche auch in Österreich an.
Der ULV kündigt an, dies in Zukunft verstärkt thematisieren zu wollen.